Länderspiel: Ein Fest für Familien
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- Kategorie: SGS Essen
- Erstellt am Sonntag, 16. Juni 2013 16:46
Otto Rehhagel sah sich das Spiel der Frauenfußball-Nationalmannschaft an
Von Benedikt Burgmer
Auch Otto Rehhagel war gekommen, um sich das Länderspiel der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft anzuschauen. Aber er betrat das Stadion mit gemischten Gefühlen: Noch vor dem Eingang blickte er wehmütig auf die Ruine des alten Georg-Melches-Stadions, das direkt hinter dem Tor liegt, in das die DFB-Elf später alle drei Treffer setzte. „Der Weg hierher an die Hafenstraße ist für mich immer eine Reise in die Vergangenheit“, sagt der gebürtige Essener bedrückt. Denn „seine Vergangenheit“, sie liegt abseits des Länderspiels, das von beachtlichen 9237 Zuschauen bejubelt wird, in Trümmern.
Schließlich war es Georg Melches selbst, der Otto Rehhagel 1960 als Spieler für Rot-Weiss Essen verpflichtete. Allerdings ließ auch er sich letztlich von der guten Stimmung um ihn herum ein Stück weit anstecken anstecken. Der DFB hatte kaum Kosten und Mühen gescheut, diesem Länderspiel einen perfekten Rahmen zu verleihen. „Auch wenn ich an den Profi-Fußball andere Ansprüche stelle, finde ich es schön, dass es so vielen Freude bereitet“, sagt Otto Rehhagel, als er auf die gut gefüllte Haupttribüne blickt.
Etwas überschwenglicher drückt es noch Caroline Hamann, Bundesliga-Spielerin der SGS Essen, aus: „Ich finde die Atmösphäre toll. Für die Mädels muss es unglaublich sein.“ Sie selbst hatte vorher nicht mal mit der Hälfte an Fans gerechnet. So richtig laut wurde es im Stadion dennoch selten. Ein einsamer Trommler und die Stimmen von rund 60 Mädchen aus dem Nachwuchsbereich der SF Niederwenigern stachen immer wieder heraus. Fangesänge waren kaum zu hören.
Die meisten verfolgten die Partie interessiert und erhoben ihre Stimme erst, wenn sich die deutsche Elf dem schottischen Tor näherte. „Die kräftigen Männerstimmen von den Rängen gibt es im Frauenfußball nicht“, erklärt Willi Wißing, Manager der SGS Essen. „Aber ich fand die Atmosphäre trotzdem beeindruckend.“ Für Ulrich Meier, den Vorsitzenden der SG Schönebeck, liegen die Gründe auf der Hand: „Der Frauenfußball zielt eindeutig auf ein Familienpublikum ab.“ Auf den Rängen geht es daher etwas ruhiger zu, aber Meier sieht darin auch einen entscheidenden Vorteil: „Eine Krawallszene gibt es hier nicht, man kann gefahrlos Kinder mitnehmen.“
Als Anja Mittag nach 13 Minuten die erste aussichtsreiche Chance vergab, wurde dann es aber doch erstmals richtig laut. Gut 20 Minuten später durften auch endlich die Fahnen geschwenkt werden: Lena Goeßling hatte die deutsche Elf mit 1:0 in Führung gebracht. Und jetzt erwischte die Nationalmannschaft ihre stärkste Phase und erhöhte noch vor der Pause standesgemäß auf 3:0.
Eine Spielerin fiel Wißing dabei besonders ins Auge: Celia Okoyino da Mbabi: „Die hat doch in der Liga hier gegen uns auch schon zwei Mal getroffen. Vielleicht sprechen wir sie mal an, sie scheint sich ja bei uns recht wohl zu fühlen.“ Keine schlechte Idee, nur könnten diese vor ihm auch schon andere gehabt haben. Schließlich ist sie seit einiger Zeit die deutsche Ausnahme-Stürmerin schlechthin. Das weiß natürlich auch Wißing, der sich schmunzelnd längst wieder der zweiten Halbzeit widmet.
Da läuft aber bei beiden Teams nicht mehr viel zusammen: Und so feiern sich die Zuschauer einfach selbst. Fast bis zu den ersten Oberschenkelkrämpfen schwappt immer wieder die Laola-Welle durch´s Stadion. Und zwar mit so einer gewaltigen Kraft, dass sie es selbst über die gerade fertiggestellte, aber noch nicht eingeweihte vierte Tribüne schafft. „Schön, dass die Leute so einen Spaß haben“, meint Otto Rehhagel.