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Stephan Sülzer: "Müssen Handball wieder in den Fokus rücken"

Seit Ende Februar ist Stephan Sülzer der neue Vorsitzende des Handballkreises Essen. Und auf den 39-Jährige wartet eine Menge Arbeit: Die Mitgliederzahlen in den Klubs sind rückläufig, es droht ein massives Nachwuchsproblem. Allein in den vergangen drei Jahren gingen 240 Jugendmannschaften verloren. Lokalsportessen.de sprach mit Sülzer über die Herausforderungen eines Kreisvorsitzenden.

LSE: Hallo Herr Sülzer! Wie steht es um den Essener Handballkreis?

Sülzer: Der Essener Handballkreis steht mit seinen 19 Vereinen und rund 2.000 Mitgliedern noch gut da. Es ist aber festzustellen, dass die Mitglieder und Mannschaftszahlen im gesamten Verband rückläufig sind. So haben wir in den vergangenen drei Jahren 240 Jugendmannschaften verloren. Dieser Entwicklung müssen wir entgegenwirken, was sicherlich kein einfacher Weg sein wird.

LSE: Wie ist dieser Mitglieder-Rückgang zu erklären? Spielt der
bundesweite Stellenwert des Handballs eine übergeordnete Rolle? 2007 ist schon lange her...

Sülzer: Der Boom von 2007, als Deutschland Weltmeister geworden ist und alle von einem Wintermärchen sprachen, ist leider vorbei. Schlechte Platzierungen der Deutschen Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren – abgesehen von 2013 (Aus im Viertelfinale gegen Gastgeber und späteren Weltmeister Spanien, Anm. d. Red.) - waren keine gute Werbung. Für den Handball in Essen war der Abstieg von TUSEM nicht gerade günstig. Insgesamt hat der Handball aber, wie andere Sportarten auch, mit geringeren Zuläufen zu kämpfen.

LSE: Sie haben die Entwicklung von TUSEM angesprochen. Gibt es weitere Faktoren, die für den Essener Raum spezifisch sind?

Sülzer: Die Einführung des offenen Ganztages in den Schulen hat zu den rückläufigen Zahlen beigetragen. Teilweise stehen den Vereinen erst Hallenzeiten ab 17 Uhr zur Verfügung, da die Schulen bis dahin ihren Sportunterricht veranstalten. Eine weitere Besonderheit in Essen ist, dass die meisten Handballvereine aus der Stadtmitte oder dem Süden kommen. Im Norden ist unsere Sportart leider nicht mehr so vertreten – auch daran müssen wir arbeiten.

LSE: Wenn es vor allem am Nachwuchs mangelt: Kann es daran liegen, dass die
Vereine nicht genug Werbung betreiben?

Sülzer: Die Nachwuchsarbeit der Vereine im Kreis ist teilweise außergewöhnlich, teilweise jedoch wird leider gänzlich auf eine Jugendarbeit verzichtet. Aber oft ist es keine Frage der Werbung, sondern eine Frage der zur Verfügung stehenden Helfer. Viele Vereine wollen auf die Jugend setzen, doch die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, geht zurück. Um einen Spielbetrieb zu gewährleisten, ist eine große Anzahl von freiwilligen Helfern nötig. Leider verteilt sich diese Last meist nur auf wenige Schultern.

LSE: Wie kann eine Lösung dieses Problems aussehen?

Sülzer: Für uns bedeutet das, dass wir in den nächsten Jahren – in Abstimmung mit den Vereinen – wieder mehr Kontakt zu den Schulen aufnehmen müssen. Nur durch die Einrichtung von Sportgruppen in den Schulen können wir die jungen Menschen wieder verstärkt an den Handball heranführen und sie für den Sport gewinnen. Aber auch die Vereine sind gefragt: Wir müssen versuchen, diejenigen Vereine für uns zu gewinnen, die in der Vergangenheit Handball angeboten, jetzt aber ihre Abteilungen geschlossen haben.

LSE: Wie wollen sie diese Begeisterung neu entfachen?

Sülzer: Wir können nur Vereine und Sportler gewinnen, indem wir den Handball in den Fokus rücken. Durch das Lösen von eingefahrenen Strukturen und der Einführung neuer Ideen, können wir die Sportart wieder bekannter machen. Als Beispiel sei hier unser im Mai erstmals stattfindendes „Final 4“-Turnier in der Sporthalle Löwental in Werden (25. und 26. Mai) genannt, bei dem die vier besten Frauen- und Herrenteams den Kreispokal ausspielen. Die Vorrunden haben gezeigt, dass die Vereine den neuen Modus unterstützen. Dafür spreche ich schon jetzt meinen Dank aus.

LSE: Wollen wir davon ausgehen, dass der nächste Boom kommt. Aber bietet die Essener Sport-Infrastruktur überhaupt Raum für ein mittelfristiges Wachstum? Die Kollision mit dem offenen Ganztag haben Sie bereits thematisiert, hinzu kommt, dass die städtischen Sport- und Bäderbetriebe einige Hallen zur Aufgabe frei gegeben haben...

Sülzer: Hier sprechen Sie ein wirklich schwieriges Thema an – die Hallenzeiten. Viele Vereine klagen darüber, dass sie zum Teil mit mehreren Mannschaften gleichzeitig trainieren müssen- Private Anbieter, darunter auch kirchliche Einrichtungen, nehmen teilweise sehr hohe Hallenmieten, die für viele Vereine unerschwinglich sind. Hier muss in der nächsten Zeit intensiv nach Lösungen gesucht werden.

LSE: Bei der Suche nach Lösungen wünscht Lokalsportessen.de dem Handballkreis viel Erfolg. Vielen Dank für das Interview, Herr Sülzer!

Patrick Torma

Werdegang:

Wie es sich für einen Vorsitzenden des Handballkreises Essen gehört, ist der gelernte Sparkassen-Betriebswirt Stephan Sülzer seit seiner Jugend dem Handballsport verbunden. Stammverein war und ist der DJK GW Essen-Werden. Seit 1996 greift der CDU-Bezirksvertreter (im Stadtteilparlament IX – Bredeney, Kettwig, Werden) auch als Unparteiischer zur Pfeife. Sein Gespür für die Jugendarbeit kommt nicht von ungefähr: Von 2005 bis 2009 unterstützte er die Werdener als Jugendwart. Diesen Posten hielt er anschließend auch beim Handballkreis inne, bevor er Anfang 2013 den Vorsitz übernahm.

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